Der zögerliche Ausbau der Windkraft in Bayern

Der Regionale Planungsverband München (RPV) hat einen überarbeiteten Entwurf zur Steuerung der Windenergienutzung beschlossen. Dieser Entwurf sieht neue Abstandsregeln und eine Reduzierung der Flächenpotenziale für Windkraft vor.
Bayern hinkt beim Windkraftausbau hinterher

Die Diskussion um den Ausbau der Windkraft im Freistaat Bayern, insbesondere in der Region München, steht vor komplexen Herausforderungen, die den ohnehin schleppenden Fortschritt weiter verlangsamen könnten. Angesichts der drängenden Klimaziele und der Notwendigkeit, erneuerbare Energien auszubauen, hinterlassen die jüngsten Entscheidungen des Regionalen Planungsverbands (RPV) und die staatlichen Vorgaben einen zwiespältigen Eindruck.

Ein zentrales Problem ist die Erhöhung der Abstandsregelungen zu Wohngebieten, die in der aktuellen Planung festgeschrieben wurden. Während dies auf den ersten Blick als Erfolg für den Bürger- und Anwohnerschutz erscheinen mag, führt es de facto zu einer Reduzierung der nutzbaren Flächen für Windkraftanlagen. Die neuen Abstände von 1.000 Metern zu Wohngebieten und 600 Metern zu Einzelhöfen bedeuten, dass viele ursprünglich vorgesehene Vorrangflächen wegfallen. Die Verkleinerung von großen Windkraft-Clusters im Süden der Region, wie dem Forstenrieder oder Hofoldinger Forst, spiegelt diese Entwicklung wider. Stattdessen sollen kleinere Cluster entstehen, die näher beieinander liegen – eine Kompromisslösung, die möglicherweise weniger effektiv ist.

Ein weiteres Hindernis stellt die Natur- und Artenschutzgesetzgebung dar, die zahlreiche Projekte blockiert. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, einen Baustopp für Anlagen im Höhenkirchner Forst wegen des Trinkwasserschutzes zu verhängen, ist nur ein Beispiel für die Vielzahl an Hürden, die den Ausbau der Windkraft in Bayern weiterhin verzögern. Kommunen, die bereits Konzentrationsflächen ausgewiesen haben, stoßen auf artenschutzrechtliche Probleme, wie die Vorkommen bedrohter Vogelarten. Diese ungelösten Fragen tragen zur Unsicherheit und Planungshemmung bei.

Hinzu kommt die Gefahr, dass Windkraftanlagen zunehmend zum Ziel extremistischer Angriffe werden, wie der vereitelte Anschlag auf eine Windkraftanlage in der Gemeinde Berg am Starnberger See zeigt. Solche Vorfälle werfen ein Schlaglicht auf den gesellschaftlichen Widerstand gegen erneuerbare Energien in Bayern. Während der Umweltschutz und Klimaschutz politisch hoch im Kurs stehen, scheint die Akzeptanz der Windkraft vor Ort oft gering zu sein. Es ist besorgniserregend, dass die Konflikte um Windkraftanlagen nicht nur in juristischen Auseinandersetzungen, sondern in potenziell gewalttätigen Aktionen münden.

Doch das eigentliche Dilemma ist struktureller Natur. Die ambitionierten Vorgaben der Bundesregierung, bis 2032 mindestens 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraft auszuweisen, kollidieren in Bayern immer wieder mit den lokalen Widerständen. In der Region München konnte die geplante Fläche auf lediglich 2,01 Prozent reduziert werden – ein Rückschritt im Vergleich zu den vorherigen 2,3 Prozent. Solche Zahlen zeigen, dass Bayern weiterhin Mühe hat, seine Flächenziele zu erreichen.

Hinzu kommt, dass der schleppende Ausbau nicht nur auf regionale Bedenken und gesetzliche Vorschriften zurückzuführen ist. Auch der politische Wille auf Landesebene scheint nicht klar genug definiert zu sein. Während in anderen Bundesländern, wie etwa im Norden Deutschlands, die Windkraft konsequenter ausgebaut wird, bleibt Bayern mit seiner 10H-Abstandsregelung und den vielerorts zurückhaltenden Genehmigungen hinterher. Die vom Bund angestrebten “Beschleunigungsgebiete”, in denen Projekte ohne aufwendige Prüfungen umgesetzt werden könnten, stehen in Bayern ebenfalls noch zur Diskussion und werden kaum genutzt.

Der schleppende Fortschritt bei der Windkraftnutzung in Bayern ist besonders besorgniserregend, wenn man die Herausforderungen der Energiewende betrachtet. Der Freistaat, der sich oft als Vorreiter in Umweltfragen präsentiert, droht im Bereich der Windkraft den Anschluss zu verlieren. Angesichts der globalen Klimakrise und der nationalen Energieziele sollte die bayerische Politik stärker auf Beschleunigung und Effizienz setzen, anstatt sich in kleinteiligen Diskussionen um Abstände und Cluster zu verlieren. Nur so kann Bayern seinen Beitrag zur Energiewende leisten und gleichzeitig sicherstellen, dass lokale Interessen gewahrt bleiben.

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